Niedersächsische Gesundheitsämter angewiesen, Corona-Daten an die Polizei weiterzugeben

Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung hält trotz deutlicher Kritik der dortigen Landesbe­auftragten für den Datenschutz (LfD), Barbara Thiel, weiterhin an einem Erlass fest, der die Gesundheitsämter anweist, die Daten von Corona-Patienten und deren Kontaktpersonen, die sich in Quarantäne befinden, an die Polizei zu übermitteln.

Es sei inakzeptabel und nicht hinnehmbar, dass das Niedersächsische Gesundheits­mi­nisterium der Aufforderung zur Rücknahme des Erlasses nicht folge, sondern stattdessen am vergangenen Freitag sogar noch einen weiteren bestätigenden Erlass an die Gesundheitsämter herausgegeben habe, so Thiel.

Mit diesem Erlass vom 31. März wurden die Gesundheitsämter durch das Gesundheits­mi­nisterium angewiesen, die Anschriften der unter häuslicher Quarantäne stehenden Personen nach einem positiven Test auf Corona an die Polizei zu übermitteln. Thiel hatte das Gesundheits­mi­nisterium nach Bekanntwerden am 3. April aufgefordert, den Erlass zurückzunehmen, da es insbesondere an einer Rechtsgrundlage für die pauschale Übermittlung dieser sensitiven Gesundheitsdaten mangele.

Dieser Aufforderung zum Trotze gab das Ministerium kurz darauf einen weiteren bestätigenden Erlass an die Gesundheitsämter heraus. Dabei beruft es sich auf das Infektions­schutzgesetz und das Niedersächsische Polizei- und Ordnungs­be­hör­dengesetz, da keine Befunde, sondern nur die Anschriften der unter Quarantäne stehenden Personen übermittelt würden. Zudem hält es den Tatbestand des rechtfertigenden Notstands für erfüllt.

Diese Rechtsauffassung teilt die Landesda­ten­schutz­be­auftragte ausdrücklich nicht. Selbstver­ständlich handle es sich bei den übermittelten Daten um sensitive Gesundheitsdaten. Die Daten würden zwar auf der Grundlage des Infektions­schutzgesetzes mit dem Ziel verarbeitet, die Verbreitung übertragbarer Krankheiten zu verhindern. Eine fachspezifische Übermitt­lungsbefugnis an die Polizeileitstellen umfasse das Infektions­schutzgesetz jedoch gerade nicht, so Thiel weiter.

Auch die Voraussetzungen des rechtfertigenden Notstands seien darüber hinaus nicht für sämtliche Personen gegeben, deren Daten pauschal an die Polizei übermittelt werden.

Thiel kritisierte das Vorgehen des Niedersächsischen Gesundheits­mi­nisteriums auch mit Blick auf geplante Apps zur Ermittlung von Kontaktpersonen von Corona-Patienten. Der Erlass behindere die aktuellen Bemühungen auf Bundesebene, denn es sei höchst zweifelhaft, ob Bürgerinnen und Bürger freiwillig bereit seien, ihre Standortdaten zu teilen, wenn diese in Niedersachsen ohne Rechtsgrundlage auch an die Polizei weitergeleitet würden. Gerade in der Freiwilligkeit liege jedoch die Grundvor­aussetzung dafür, dass eine solche App funktionieren könne.

Thiel ordnet gegenüber dem Gesundheitsamt daher nochmals vehement an, dass die derzeitige, rechtswidrige und bevorratende Datenübermittlung umgehend eingestellt werden muss.

Zudem stellt sie klar, dass ihr Anordnungen gegenüber Behörden oder Ministerien zwar möglich sind, diese allerdings nicht vollstreckt werden können, weil der Landesge­setzgeber bewusst darauf verzichtet hat, ihr weiterreichende und damit zugleich auch wirksame Befugnisse gegenüber öffentlichen Stellen zuzugestehen.

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